Weltrekord für Sabrina Grun über 12h
30.07.2011 Dekra Testgelände in Senftenberg -Weltrekord-
Eine Woche hatte ich Zeit um mich auf die „Weltrekordfahrt“ vorzubereiten.
Ein richtiges Vorbereiten war nicht mehr möglich. Vielmehr machte man sich Gedanken über:
Wie fährt sich ein Velomobil? Ich bin noch nie zuvor mit dem Velomobil gefahren!
Wie macht man es am besten mit Essen und Trinken während der Fahrt? Fragen über Fragen, die ich nicht beantworten konnte, weil ich keine Velomobilerfahrung habe.
Wie kann man sich am besten auf einen 5 km Rundkurs einstellen?
Wie kann man sich während der Fahrt beschäftigen?
Mit solchen Fragen schlug ich mich im Vorfelde dieser Veranstaltung und dann fing ich mit dem Training an. Die Vorbereitung beginnt normalerweise bei mir im Kopf, diesmal nicht mehr machbar.
Zumindest sollte das Wetter gut werden. Also brauchte ich mir keine Gedanken um Regen zu machen.
Letzen Endes wusste ich, dass ich nichts zu verlieren habe. Ich kann nur gewinnen (an Erfahrung).
Jeder weiß wie schnell CAS mit dem Velomobil fahren kann. Mir ist klar, dass ich an der Leistung von CAS gemessen werde. Wobei ich genau wussste, dass ich an seine Leistung im Leben nicht rankomme. Der Unterschied Mann und Frau, und ich „trainiere“ ganz anders als CAS. Im Training benutze ich 4 unterschiedliche Fahrräder und dazu kommt das Laufen.
Freitagmorgen sind wir dann in Schönberg losgefahren. Ab Schwarzenbek
hatten wir Regen, der nicht aufhören wollte. Irgendwann hatten wir dann
unser Ziel erreicht. Als erstes zum Hotel gefahren und eingecheckt. Und
dann zum Dekra Gelände und auf CAS warten.
Gegen 18 Uhr kam dann
CAS. So langsam wurde ich auch nervös! Kenne ich eigentlich gar nicht.
Es ist schon eigenartig, wenn man als Freizeitsportler an so einen Event
teilnimmt.
Dann wurde erst mal einige Zeit damit verbracht,
dass Fahrzeug umzubauen. Ich bin ja doch erheblich kleiner als CAS. An
der Stelle nochmal:
Vielen Dank an CAS und dem Räderwerk in Hannover
für das Umbauen! Nach einer „gefühlten“ Ewigkeit konnte ich dann endlich
zum ersten Mal mit dem Milan fahren. Die Sitzposition ist sehr ähnlich
wie auf meinem Liegerad. Daher wusste ich, dass es von der Sitzposition
her keine Probleme geben wird. So fuhr ich dann meine ersten KM mit dem
Rad bei Regen.
Gegen 21:30 Uhr waren wir dann wieder in Hotel. Noch meine Portion Nudeln gegessen und dann ging es auch ins Bett.
Gegen 06:45 Uhr haben wir gefrühstückt. Ich hatte ein Brötchen. Das reicht! Eigentlich esse ich um die Uhrzeit gar nichts!
Dann
ging es los zum Dekra Gelände. Die Nervosität stieg. Das Wetter war
immer noch sehr regnerisch. Zu dem Zeitpunkt machte es mir keine Sorge.
Ich liebe den Regen. Mein Wetter, dachte ich bis zu dem Zeitpunkt.
Am
Start letzte Vorbereitungen getroffen. Und gewartet bis es endlich
losgeht. Ich war doch verdammt aufgeregt. Es kamen immer wieder Gedanken
auf: Was machst du hier eigentlich?
Irgendwann durfte ich dann auf die Strecke. Zuvor wurde die Haube noch zugeklebt.
Die Fahrt zum Startbereich war schon eigenartig.
Was einem da so durch den Kopf ging. Ist schon Wahnsinn! Das ist kaum zu beschreiben!
Dann stand ich an der Startlinie.
Das
ist schon ein aufregender und unvergesslicher Augenblick. Mir wurde so
richtig bewusst, was ich jetzt die nächsten 24 Stunden machen werde.
Mein Gedanke ging in die Vergangenheit. -„2006 fing alles an. Hätte man
mir damals gesagt, dass ich mal die Möglichkeit bekomme einen Weltrekord
zu fahren, den hätte ich ausgelacht. Oder überhaupt, dass ich Liegerad
fahre. Damals war mein Ziel die Cyclassics in Hamburg. Aber dazu ist es
nie gekommen!
Und nun kam das Signal zum Starten. Und los ging es.
Weltrekordfahrt bei Regen. Die erste Runde bin ich sehr langsam
angegangen. Erstmal schauen, wie sich das Rad bei Dauerregen verhält.
Wie ist die Haftung der Reifen? Fragen, die ich mir sonst nie stelle.
Bei meinen Rädern weiß ich, was wann passiert!
Es ist eine Herausforderung bei solchen Wetterverhältnissen mit einem völlig fremden Fahrzeug zufahren.
Nach
den ersten 2 Runden war ich schon völlig genervt. Ich hatte
Sichtprobleme bekommen. Durch die hohe Feuchtigkeit beschlug mir die
Brille. Klasse! Dazu nervte mein Navi, dass am Lenker montiert war. Nach
6 Runden habe ich es abgemacht und zur Seite gelegt. Fahre ich eben
ohne Sicht auf das Navi. Nach 10 Runden stand für mich schon fest, dass
ich nur die 12 Stunden fahre. Es war für mich von der Konzentration her
sehr anstrengend. Dazu eine Nervosität, die nicht weggehen wollte. Bis
zur ersten Pause fuhr ich immer sehr weit links. Für das Tempo war es
eher schlecht.
Es waren mehrere Fahrer auf der Strecke. Hätte ich
einen Spiegel drangehabt mit dem ich nach hinten sehen kann, dann wäre
ich weiter rechts gefahren. So konnte ich nie sehen, ob von hinten was
Schnelles kommt und ich gegebenenfalls Platz mache.
Langsam wurde
ich auch immer genervter. Mein gefühltes Tempo war 20 – 22 km/h. Ich bin
nur auf Sicherheit gefahren. Puls muss bei 90 – 100 gewesen sein. Ich
war ohne Pulsuhr gefahren. Irgendwie war es schrecklich. Man fährt ein
sehr schnelles Fahrzeug, aber man kann nicht schnell fahren, weil man
ständig mit Wasser und beschlagenen Scheiben zu kämpfen hat.
Nach
gefühlten 2 Stunden entschied ich, dass ich eine Pause mache. Ich musste
auch schon seit einigen Runden auf die Toilette. So fuhr ich dann in
die Boxengasse. Sofort kamen dann Helfer auf mich zugelaufen, die mich
dann aus dem Fahrzeug ließen. Der Deckel war ja zugeklebt. Dann erst mal
zu Toilette gegangen. Es war ein kleiner Fußweg zu bewältigen.
Auf
dem Weg dorthin ein Duplo gefuttert. Auf dem Rückweg zur Boxengasse
wurde ich von CAS begleitet. Er machte mir Hoffung, ab 22 Uhr soll der
Regen aufhören! Und dann ging es weiter. Noch kurz ein Blick zur Uhr.
Ich war überrascht. Ich bin sogar schon 4 Stunden unterwegs. Beim Rad
fahren habe ich einfach kein Zeitgefühl.
Die Pause tat mir sehr gut.
Plötzlich war die ganze Anspannung weg. Und der Regen wurde auch
weniger und ich konnte sogar mal 3 oder 4 schnellere Runden fahren. Mir
wurde sogar auch mal etwas wärmer im Fahrzeug und ich musste einen
Schluck trinken.
Dann wurde es wieder mehr mit dem Regen. Und ich
musste mein Tempo wieder bei gefühlten 25 km/h lassen. Zumindest brachte
es mir jetzt endlich mal Spaß. Die nächsten 2 Stunden vergingen total
schnell. War richtig schön. Bei jeder Start/Ziel durch fahrt wurde mir
zugejubelt.
Am Anfang hat es mich immer ein wenig „genervt“. Die
ersten 4 Stunden habe ich jedes Mal Geschwindigkeit weggenommen, im
Start-/Zielbereich. Es ist bei mir instinktiv drin, wenn ich Menschen an
der Straße sehe, dass ich langsamer werde. Sie könnten mir vor das Rad
rennen. Die Helfer hätten es nie getan.
Die restlichen 8 Stunden habe ich mir darum keinen Kopf mehr gemacht.
Nach
6 Stunden habe ich dann ein Problem mit der rechten Pedale bekommen.
Musste dann mal kurz den Fuß ausklicken. Nach 30 Minuten war das Problem
weg. Eine Erfahrung mehr. Man sollte nur mit vertrauten Pedalen fahren.
Ich kannte das Problem auch schon von meinem Liegerad. Bekomme Probleme
mit den Zehen.
Auf der Strecke fuhren inzwischen immer weniger
Fahrzeuge. Irgendwann waren nur der Elektro-Milan und ich auf der
Strecke. Inzwischen bin ich überwiegend in der Mitte der „Straße“
gefahren. Ich konnte mir immer ausrechnen, wann mich der Elektro-Milan
überholen wird. Das war eine ganz gute Ablenkung. So vergingen die
Stunden ganz gut. Nach 8 Stunden habe ich eine weitere Pause gemacht.
Auf dem Liegerad muss ich öfters auf Toilette als auf einem „normalen“
Rad. Wieder in die Boxengasse gefahren. Auf dem Weg zur Toilette noch
einen Riegel gegessen. Hatte zwar keinen Hunger, aber egal. Dadurch,
dass ich absolut ohne Anstrengung gefahren bin, habe ich nichts weiter
verbraucht.
Und dann ging es weiter. Waren ja nur noch 4 Stunden.
Der Regen hatte auch noch nicht aufgehört. An die schlechte Sicht hatte
ich mich inzwischen gewöhnt. Und ich dachte immer nur: Schlimmer könnte
es nicht werden. Da habe ich mich geirrt.
Nach 9 Stunden merkte ich
meinen Nacken. Nach 09:45 Stunden wurde der Regen etwas weniger und ich
könnte wieder etwas schneller fahren. Der Nacken hinderte mich daran.
Schnell in die Boxengasse. Habe mir dann mein Sweatshirt reichen lassen,
hinter den Kopf gestopft und weiter. Nun ging es mit dem Nacken richtig
gut. Nur leider setzte jetzt wieder mehr Regen ein. Tempo wieder
gedrosselt. Auf den letzten 2 Stunden will ich nichts mehr riskieren.
Dann Probleme mit dem linken Fuß. Fuß ausklicken und sich über die Pedale ärgern……
Irgendwann
hatte ich dann auf der langen geraden einen Hasen vor dem Rad. Die
Bremsen von dem Velomobil funktionieren hervorragend. 2 Runden später
wieder ein Hase auf der Strecke. Schlechte Sicht, einsetzende
Dunkelheit, fremdes Rad und dann noch Hasen auf der Strecke. Super!
Langsam
wurde es immer dunkler. Also Licht angemacht. Aber irgendwie brachte
das auch nichts. Egal, muss ja nur noch eine gute Stunde fahren.
Es
wurde immer dunkler und die Sicht immer schlechter. Je dunkler es wurde,
desto mehr habe ich mich über die Lampen geärgert. Aber ich suchte den
„Fehler“ bei mir. Ich dachte nur, dass ich einfach zu verwöhnt von
meiner Beleuchtung bin.
Und es wurde dunkler und dunkler………und ich habe immer mehr gehofft, dass die Stunde bald vorbei ist.
Irgendwann
war es dann ganz dunkel. Meine Sicht war Null. Es gab einige schwache
Reflektoren an der Strecke. In der Kurve standen Pylonen. Die habe ich
kaum noch gesehen.
Das ist echt ein Alptraum.
Die erste Runde im
dunklen hatte ich dann heil überstanden. Dann hoffte ich, dass es nun
die letzte Runde wird. Im Start/Zielbereich zeigte man mir dann an, dass
ich noch eine Runde fahren muss. Es war schrecklich. Das möchte ich nie
wieder erleben. Ich habe nur gedacht, wie kann CAS so im Dunklen
fahren? Das war für mich unbegreiflich. Als ich dann die letzte Kurve
heil überstanden hatte musste ich nur noch geradeaus fahren. Von weitem
sah ich dann schon Blitzlichter. Die letzten 200 m konnte ich genießen.
Es war ein Gefühl von Erleichterung. Die Zieldurchfahrt bleibt
unvergessen. Das war eines meiner schönsten Momente. Ein „Marathon
Zieleinlauf“ ist dagegen gar nichts.
Im Ziel habe ich als erstes
über die Lampen geschimpft. Die Lampen wurden am Morgen zu geklebt und
abends hatte keiner mehr dran gedacht. CAS hatte die Lampen dann
abgeklebt und dann konnte ich sehen wie klasse die Lampen sind, wenn sie
nicht abgeklebt sind.
Nach den 12 Stunden war ich einfach nur froh, dass ich heil ins Ziel gekommen bin.
Das
ganze war für mich schon eine Herausforderung. Eine Herausforderung,
bei der ich sehr viele neue Erfahrungen gesammelt habe.
Ich konnte selbst endlich mal erfahren, was gute Aerodynamik und gute Reifen ausmachen.
Auch
wenn mir das Wetter es nicht ermöglichte das Fahrzeug voll auszufahren,
so konnte ich zumindest erahnen, was das Fahrzeug hergibt!
Das Wetter war sehr ärgerlich. Es ist halt so. Ich habe versucht, das Beste draus zu machen!
Und das Wichtigste:
Vielen DANK an alle Helfer!!!!!